Diese Woche war Eignungstest für Wogen und Wellen. Wir sind alle drei qualifiziert, ich, Klaus und ANTHOS. Da auf jedes Hoch meteorologisch ein Tief kommt, haben wir uns nach einem sicheren Hafenplätzchen umgeschaut um wie man im Fachjargon sagt “abzuwettern”, bei uns daheim würde man dazu “nice day today” sagen, aber egal. Wir sind dafür auch mal wieder unter Segel gefahren, wenn auch nicht lange, denn was nutzt Dir viel Wind, wenn er in die falsche Richtung bläst. Wir also einmal um Korfu drumherum und entlang der Westküste nach Süden wieder in Richtung Festland. Die Westküste Korfus ist doch tatsächlich so viel unscheinbarer wie die Ostküste, dass man glaubt man wäre nicht auf der gleichen Insel. Erinnert mich doch sehr an unsere Westküste, seefahrerisch aufgrund der vorherrschenden Westwinde und der daraus resultierenden See hat sich hier einfach kein Massentourismus mit feschen Superyachten und zahllosen Tourispots etabliert. Einen Stop haben wir dann doch noch eingelegt einfach auch um nach 6 Stunden unter Motor mal wieder Ruhe zu haben. So richtig ideal war das nicht in Palaiokastritsa, wir lagen im Schwell und der kleine Hafen war nicht geeignet. Also ließen wir uns so durch die Nacht schaukeln um dann wieder am nächsten Tag nach Sivota (wir waren auf dem Hinweg nach Korfu schon mal dort) zu segeln um uns dort an den Stadtquay zu legen. Siehe da ein Plätzchen war noch da und wir genossen umsonst Wasser und Strom, aber auch nur, weil der Typ, der die Gebühren einkassiert uns ständig verpaßt hat. Egal wir hatten einen Supermarkt in der Nähe und waren abends schön essen. Auffällig ist die Zahl der Italiener hier, wo sonst Engländer die Buchten und Häfen überrennen, auch Deutsche sind nicht so häufig vertreten wie sonst.
Das kommende Tief der nächsten Tage haben wir dann in Lakka auf der Insel Paxos erlebt, mit etwas mehr als 25kn sind wir in die Bucht geflogen um dann die Nacht über recht wacklig vor Anker zu liegen, ja wir hatten sogar ein kleines Phänomen. Aufgrund eines Bergeinschnitts vor unserem Ankerplatz hat der Wind unsere ANTHOS in eine andere Richtung “geschwoit” (umgedreht) als die anderen Jachten. Wenn man eng beieinander liegt kann das schnell mal zu ungewollten Kollisionen führen aber in diesem Fall sind uns einige Boote immer wieder auf Armlänge entgegengekommen, bevor sie der Anker dann wieder herumgerissen hat. Wir hatten genug Platz um uns, denn viele sind bei dem Sturm draußen vor der Bucht dann doch lieber ans sichere Festland gefahren. Kein Lehrbuch hätte so einen Ankerplatz empfohlen, aber wir haben dann einfach mal getestet, wie sich das so anfühlt, wenn man ständig das Gefühl hat in einer Schiffschaukel zu sitzen und dabei auch noch zu kochen. Aus dem geplanten Dreigänge menü (Scherz) wurde dann auch nur ein Salat (zum Glück, schwere Kost wäre uns bestimmt in dieser Nacht nochmal begegnet) und an Schlaf war auch nicht wirklich zu denken. Sicherheitshalber waren alle Instrumente auf Standby um im Notfall schnell abzulegen und wir haben in Klamotten die Nacht durch gedöst, während die Engländer neben uns bis drei Uhr gefeiert haben.
Am nächsten Tag hatten sich dann doch einige in der Bucht aus dem Staub gemacht, um nicht nochmal so eine Nacht zu erleben, wir haben uns dafür an das einzige frei gewordene Plätzchen des Hafen gelegt. Ein wirklich süßes Dorf dieses Lakka und aufgrund der Coronabeschränkung, dass Bars um Mitternacht schließen müssen, ist auch Nachts schlafen möglich. Einziger Nachteil war der Kanal direkt vor uns, der ein Aroma von Abwässern in der Luft verteilte.
Folgende Impressionen waren: unsere ANTHOS auf Zielfahrt Lakka, Ein Bild aus der Luke auf unseren Stegnachbar, ein über 100 Jahre alter Segler aus Plymouth deren Besitzer (die aussahen wie die Kelly Family) Rundfahrten anbieten und die Deko eines Dekoladens in Sivota (wer kein Wasser vor der Tür hat, der malt sich eben welches). Außerdem einige Schilder, die mich diese Woche inspirierten.
In Bezug auf meine gewählte Überschrift “Wogen und Wellen” empfinden wir gedanklich gerade ebenso. Einfach unentschlossen für die weiteren Monate mit unserer ANTHOS. Unser so perfekter Plan, der sich mit der Vermietung unserer Fernglen Bed and Breakfast in Auckland überdeckte geht nicht mehr auf. Was machen wir in Hinblick darauf, daß uns im April nächsten Jahres unsere Mieteinnahmen wegfallen und darüber hinaus keiner weiss was uns Corona noch so alles beschert. Wir wollen wenigstens noch weg aus Griechenland, da liegt Italien nahe solange es noch geht, hatten wir doch vor die ganzen dortigen Inseln abzugrasen, auf Sardinien, Korsika und Malta hatte ich mich besonders gefreut. Aber dann, selbst wenn wir bis April auf unserer ANTHOS ein Zuhause haben müßten wir bis November 2021 (wenn die Atlantiküberquerung ansteht) genügend Einnahmen generieren um unser Abenteuer fortzusetzen. Fliegen wir jetzt nach Hause oder bleiben wir hier über den europäischen Winter? Verkaufen wir ANTHOS und fangen dann im nächsten Jahr nochmal an? Irgendwie ist das ganze ziemlich verfahren auch aufgrund dessen, daß meine Touristen schon in den Startlöchern stehen nach Neuseeland reisen zu wollen, sobald das wieder möglich ist, d.h. ich sollte dann so im Oktober 2021 besser in Neuseeland sein, was derzeit bedeutet, nach Ankunft in Auckland zwei Wochen in Zwangsquarantäne unter Bewachung zu leben. Alles in allem kommt der Frust durch obwohl man es ja schlechter haben kann, klar klar.
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Derzeit liegen wir in Parga am Festland und werden uns nun wieder in Richtung Lefkas und Nydri bewegen, wo unsere Ruby steht. Bis zum nächsten Mal mit einem weinenden und einem lachenden Auge. (Nazar, das orientalische Glasauge als Schutz vor dem bösen Blick https://de.wikipedia.org/wiki/Nazar-Amulett).