Unsere Reise setzt sich fort, auch wenn Corona vor und hinter uns die Türen schließt. In Sardinien haben wir uns trotzdem wohl gefühlt, es gibt wunderschöne Buchten und Strände, sowie gemütliche Ortschaften und Marinas. Die winterliche Atmosphäre bei noch sonnigen 20 Grad am Tage macht uns nichts aus, aber die Leere der Strassen und die fehlende Geselligkeit in den Trattorien und an den Häfen aufgrund der Ausgangssperre nervt gewaltig. Wir werden trotzdem nicht befragt und auch sonst fällt unsere ANTHOS zwischen den still gelegten Booten niemanden auf. Eine Pizza geht dann eben nur als takeaway aber die schmeckt auch an Bord.
Wir haben uns entschlossen unsere Reise in absehbarer Zeit abzubrechen und unsere ANTHOS ins Winterlager zu schicken um nächstes Jahr die versäumten Ziele im Mittelmeer nachzuholen. Nach einiger Recherche und Empfehlungen der Seglercommunity haben wir uns für die Port Navy Marina in Port St. Louis du Rhones in der Nähe von Marseille entschieden, die hat alles was wir brauchen, hat noch Platz und ist bezahlbar. Jetzt müssen wir nur noch hinkommen. Unser Stegnachbar in Porto Palau, ein englisches Paar, die in Frankreich leben, haben den gleichen Weg, entscheiden sich aber wegen des lockdowns den direkten Weg von Sardinien ans französische Festland zu nehmen. Das ist für uns ein zu schneller Abbruch unserer Reise und so werden wir zunächst nach Korsika segeln. Bei bestem Fahrtwind segeln wir mal schnell über die Strasse von Bonifacio ins französische Korsika.
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Hatten wir eben noch Prociutto, Peccorino, Vino Rosso und Parla Ialiano freuen wir uns auf den Geschmack von Pastis, Baguette und leckerer Landwurst mit einem freundlichen Bonjour. Ich sags ja, wenn die Grundnahrungsmittel stimmen, ist die Welt Dein Freund.
Auch auf dem Wasser wird es zunehmend einsamer, wir sehen nicht mal mehr die typischen Horden von kleinen Fischerbooten, warum auch, denn wo die Gastronomie und Touristen fehlen, braucht es auch kein Fisch mehr. Wir bleiben die ersten Tage in einsamen Buchten mit glasklarem ttürkisfarbenen Wasser, die von hohen Bergen und grünen Wäldern flankiert sind. Einzig die Hafenpolizei in Ajacco spricht uns über Funk an und holt ein paar Informationen ein, die müssen ein gutes Teleskop haben, denn wir segeln in großem Bogen an der Hafeneinfahrt vorbei und sehen lediglich den erhöhten Tower in der Ferne. AIS (Automatische Ortung) haben wir nicht an, denn nachdem wir uns durch 10 Seiten französische Regierungserlässe und Formalitäten durchgearbeitet haben, bin ich mir sicher, dass die bestehenden Regelungen zum lockdown einige Grauzonen für Segler bereit halten, bis jetzt hat uns aber weder in Italien noch in Sardinien irgend jemand auf Vorschriften oder Verbote hingewiesen, im Gegenteil. Nachdem wir nun offiziell erfaßt sind entschließen wir uns in Cargèse der dortigen Marina einen Besuch abzustatten. Die Capitainerie (so heißen die Marinas hier) ist nicht erreichbar, wir befürchten schon, die haben wegen des lockdowns zu, aber wir vertäuen uns auch selbst mit Hilfe eines Franzosen, der scheints auf seinem Boot lebt und der einzige Mensch weit und breit ist. Nunja, warten wir mal ab, was oder wer noch kommt. Nach einiger Zeit taucht ein Hund und dessen Besitzer mit Zigarette und Maske auf und erzählt uns, er “abe uns über Funk geört, hielt aber gerade Siesta” (kicher). Er zeigt uns Strom und Wasseranschluß, Diesel können wir auch haben und Wifi gibt’s ebenso, ach und Geld brauchen wir nicht zu bezahlen, ist ist eh keiner hier. Na das ist doch mal eine willkommene Abwechslung.
In Korsika haben wir uns schon verliebt, auch Sardinien war schon so schön, dass wir auf jeden Fall nochmal die Küste entlang segeln wollen um die Sehenswürdigkeiten in vollen Zug und ohne Einschränkungen genießen zu können, aber Korsika ist ein landschaftliches Kleinod. Die Stimmung kommt mir ein wenig vor wie in Luxemburg, man ist sich hier zwar über den großen Nachbar Frankreich im Klaren, aber deshalb ist man noch lange nicht Franzose aber auch nicht Italiener, obwohl die Insel auch diese Vergangenheit schon hatte. Nein, man ist ganz klar stolzer Korse, spricht, ißt und lebt korsisch und das ist auch gut so. Die Häuser und Straßen wirken wir die Menschen selbst, stolz, zum Teil verwittert und gemächlich oder einfach, freundlich und offen dem Meer zugewandt. Ständig schwirren mir Szenen von “Asterix und Obelix auf Koriska” im Kopf rum und der korsischen Lebensart, die ebenso inspirierend wie belustigend ist.
Ein Segler schwärmte letzt in einem Forum über den schönen Ort und das die leckeren Croissants der örtlichen Boulangerie den strapaziösen Wegs wert wären, stimmt, denn der Aufstieg vom Hafen zum Dorf ist nur mit unserer Straße daheim in Auckland zu vergleichen. Egal, wir brauchen Bewegung und Verpflegung.
Der Ort ist wie ausgestorben, klar, lockdown, wie das nervt, aber trotzdem, wir saugen die so ganz andere Atmosphäre in uns auf und sind uns einig, Korsika ist ein Idyll, wir kommen ganz bestimmt wieder. Zwischen den leeren Straßen färben sich die Kastanienbäume herbstlich bunt und die Bäume in den Gärten hängen voll mit Zitronen und Orangen. An den Mauern gibt es immer wieder Graffiti mit “Vivo Massimu”, ein örtlicher bekannter junger Gastronom, stolzer Freiheitsgeist und korsischer Unabhängigkeitskämpfer, der 2019 auf offener Straße erschossen wurde, wahrscheinlich von der hiesigen Mafia, die mit Ihren Machenschaften auch Korsika fest im Griff hat. Sein Grab hängt voll mit korsischen Flaggen, die einen Maurenkopf darstellt, ähnlich wie die Sardiniens.
Da uns anscheinend keiner verjagt, wollen wir auch gerne noch bleiben, denn der Wetterbericht für die Überfahrt nach Marseille ist alles andere als gut, Böhn bis 60 kn und 3m Wellen kündigen sich an, ein massives Stumtief aus Westen droht die Weiterfahrt um mehrere Tage zu verschieben, so nutzen wir die Zeit zu kleinen Reparaturen, PC Arbeit und Bergwanderungen zum Supermarkt ….. C’est bon ici (Es ist schön hier) . Merci (Danke) . A bientot (Bis bald).
Juliane, Roger und Kaja aus Berlin
Hallo Ihr Beiden.
Obwohl “unser“Europa kennt ihr Kiwis das Mittelmeer besser als wir. Schön das wir mit euch mitfahren dürfen; einige Eindrücke machen Lust selber mal da hinzufahren.
Vielleicht meldet ihr euch ja mal oder kommt in Berlin vorbei. Ansonsten viel Spaß und hoffentlich habt ihr noch viele schöne Eindrücke dir ihr dann mit uns teilt.
Juliane, Kaja und Roger aus dem herbstlichen Berlin
Vera
Hallo Ihr Drei. Vielen lieben Dank für Euren Kommentar, wir möchten gerne unsere Europalücken füllen und Euch auf den Geschmack bringen, zumal das Segeln eine schöne Art des Reisens ist. Wir machen bestimmt weiter und ja Berlin ist zwar nicht mit unserem Boot zu erreichen aber immer eine Reise wert. Vielleicht klappt es. Ganz liebe Grüsse