Chi venit da, e su mare furat. Wer über das Meer kommt stiehlt.

Ja da sind dann weniger wir mit gemeint, als ein altes sardisches Sprichwort, was zu unseren Eindrücken der letzten Woche passt. Aus der Geschichte heraus, waren die Sarden weniger ein Volk am Meer, sondern ein Volk in den Bergen. Die Eroberer, die Piraten und Besatzer kamen dabei übers Meer, was wohl den Argwohn der Sarden (zumindest nach Sprichwort) begründet. Ein anderes Sprichwort besagt Monti ti fanno dimenticare il mare-Die Berge lassen dich das Meer vergessen. Ja wie denn, Ihr seid ne Insel Ihr Nasen !!

Die Besatzer haben schnell gelernt dass die Sarden nur ein kleines Volk von 1.6 Mio sind und dass man mit kultureller Vielfalt und landschaftlichen Reizen Profit machen kann.

Ein Kommentar, der sich sicherlich nicht in fünf Zeilen ausdrucken lässt und ich krame hier mit Aussagen in den letzten 200.000 Jahren rum, eine Zeit in der die Besiedlung der Insel dokumentiert scheint. In der Vorgeschichte waren viele verschiedene Kulturen hier, von den Phöniziern, Karthagern und Römern zu afrikanischen Vandalen und Byzantinern. Danach jonglierte man noch mit Eigentumsrechten zwischen Österreichern, Italienern und Spaniern herum (in Alghero wird zT sogar Katalan gesprochen !) und schliesslich ist Sardinien heute in der Hand der Gattung “Tourist”. Kein Wunder wenn auf 1.6 Mio Sarden 2,3 Mio Touristen kommen. Der Tourist, meist Italienisch aber auch international ist nach unseren Eindrücken leicht zu erkennen. Er lebt in monotonen Strandschirmkommunen, sogenannten Liegebatterien, die zwischen Sonnencremeverklebten Körpern keinen Platz zur persönlichen Entfaltung bieten und sich von dem kleinsten bisschen “Panem et Circenses” (Brot und Spiele) einlullen lassen. Sie gebaren sich zT feindlich untereinander, was schon durch die krassen farblich getrennten Strandschirme zu erkennen ist.

Einem Eindringling, wie zB der gemeine Segler, der mit seinem Dinghy an den Strand übersetzen will, wird mit heftigem Widerstand begegnet (Parkgebühr von €4 pro Stunde für ein Beiboot am Strand!!!!, Liegegebühr für unsere ANTHOS über €150 ! in manchen Marinas).

Die geistige Kampfhaltung wird dabei besonders in den Sommer- und Ferienmonaten deutlich. Wenn ich mich jetzt an unsere (gerade noch so legale) Fahrt “Anno Corona 2010” erinnerte, als wir hier alleine waren (im November allerdings) kommt mir jetzt das kalte Grausen, zum Glück haben wir uns mit billigem griechischen Bier und französischen Wein eingedeckt. Die Pizzapreise halten sich jedoch zum Glück noch in Grenzen. Nur hinkommen ist ein Problem, die Marina piraterie unterstützen wir nicht und unser Dinghy leidet an Deflatismus, selbst nach einer ganzen Tube PVC Kleber. Wir werden es wohl spätestens in Frankreich zu Grabe tragen müssen.

Tja, wir sind zunächst ernüchternd wieder fast am Ausgangspunkt unserer Sardinienrundtour und treffen heute (Nachtrag : morgen, irgendwann oder auch nicht) wieder unsere Bekannten Thomas und Cassia vor Porto San Paolo.

Die letzte Woche war einigermassen unspektakulär, ja auch etwas enttäuschend in zweierlei Hinsicht. Zum einen bietet die West- und Ostküste Sardiniens selbst kaum Highlights und eine ziemlich monotone felsige Landschaft zum anderen will man sich hier keine längeren Landausflüge leisten, wenn das Anlegen für eine Nacht in einem nicht vergoldeten Hafen schon eine Monatsmiete kostet.
Vielleicht liegt es ja wirklich daran, dass die Sarden zwar ein Inselvolk sind aber irgendwie nicht mit dem Meer verwachsen sind, also geschichtlich und kulturell. Haupteinnahmen sind nicht Fischerei (wie auch, wir sehen keine), sondern Erdöl und Touristen, beides keine nachhaltigen Rohstoffe. Wir vermissen die kleinen malerischen Insellandschaften und schmucken Häfen, die wir von Griechenland kennen. Allerdings hören wir, dass auch Griechenland jetzt die Zügel anzieht und Gebühren erhebt, wo es noch keine gab.

Wir quälen uns meist ohne Wind und unter Motor durch die Hitze und machen Fahrt, schauen uns auch Cagliari nicht an (alleine schon von weitem erscheint uns die Stadt nicht sehr ansprechend) und umrunden die südliche Spitze Sardiniens um jetzt wieder entlang der Ostküste nach Norden zu segeln. Der Wind lässt uns da immer mal wieder im Stich und wir werfen widerwillig den Motor an, bei den Kosten kräuseln sich einem die Fussnägel. Auch wenn unsere ANTHOS sehr spritsparend fährt, mit ca. 3l/h, bei €2.17/l sind schnell €300 weg für eine Tankfüllung.

Buchten in denen wir vor Anker liegen, sind Punta de S’Achivoni, Isola San Pietra, Capo Malfatano, Punta Molentis, Spiaggia di Cea, Capo Camino und Porto San Paolo. Das Segeln ist nicht sehr anspruchsvoll aber wir haben gegenüber Griechenland deutlich mehr Wind zum Segeln, wenn auch nicht immer aus der Richtung, in die wir wollen. Unser Blümsche nimmts gelassen und bahnt sich seine Spur bei 0-25 Knoten mal hart am Wind, mal von achtern.

Unsere Routine ist eingespielt, Klaus kann nie richtig schlafen und ist deshalb früh wach, ich schlafe durch, auch wenn ich bei Seitenwellen wie ein Flummi durch die Kabine rolle, danach gibts einen Kaffee und das Neuste aus der Welt per App, dann ein Sprung ins Meer, der die morgendliche Dusche ersetzt. Anschliessend kommt das übliche “Klar Schiff” Manöver: Kaffee in die Sturmtasse füllen, Wasserflaschen an Deck, Dinghy auf dem Deck festzurren, Betten machen, Tisch abräumen und alles wacklige sichern, Luken schliessen, Instrumente an, Fernglas, Schwimmweste und VHF an Deck, Software starten und Kurs plotten, Wetter update, Badeleiter und -zeug verstauen, Anker heben und Finger in den Wind und Segel setzen (ansonsten Finger an den Motorschalter).

Weiter geht’s mit einigen hoffentlich vergnüglichen Tagen und durch die Maddalenas (Archipel und Naturschutzgebiet im Norden Sardiniens und ja das kostet nochmal extra) bevor wir wieder nach Korsika und vielleicht auch noch nach Elba übersetzen.

Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht …wenn man eigentlich keinen Grund zum meckern hat.