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Month: September 2022

Alles hat einmal ein Ende

Unser letzter Eintrag für unsere diesjährige Segelzeit. Alles hat einmal ein Ende. Wir liegen immer noch zwischen den beiden Insel des Lerins und haben die emsige An- und Abreise der täglichen Bootarmada beobachtet. Nachdem wir uns die Beine auf Saint Marguerite vertreten machten wir die Tage noch einen Abstecher auf die geistlich orientierte Insel Saint Honorat. Hier leben schon seit dem Jahr 400 Mönche im seinerzeit zweiten Kloster Frankreichs. Ein Leben in Isolation (damals), deren Brüder seit jeher von karger Landwirtschaft und dem Glauben lebten. Immerhin haben Sie Wein angebaut, dann war die Isolation vielleicht sogar erträglich. Zwischendrin im Eremitendasein kamen immer mal ein paar Piraten und Sarazenen vorbei und sorgten für ungebetenen Wirbel, daher wurde dann auch 1073 ein Festungsturm um das Kloster erbaut, der jetzt gerade eine Renovierung erhält. Anschliessend gab es noch ein paar spanische und genuesische Angriffe bevor die Mönche schliesslich unter Französischer Herrschaft zur Ruhe kamen. Die Mönche zogen mehrmals aus und wieder ein bis schliesslich heutzutage etwas 30 Mönche aus Spanien, Italien, Frankreich und Kamerun Ihren Alltag auf der Insel bestreiten. Der Tag beginnt für die Mönche um 4.30h und endet um 20.30h und beeinhaltet Beten, Landwirtschaft, Beten, Touristen, Beten, Essen, Beten, Arbeiten, Beten, Schlafen. Ich schätze wir haben den leichteren Lebensstil gewählt, auch wenn bei uns der Geist umtriebiger ist und das Leben teurer.

Wir beobachten unser Blümsche in der Bucht, das da so leicht in den Wellen schaukelt und schauen uns die kommerzielle Welt direkt vor dem geistlichen (äh geistigen) Auge an. Da gibt es einen Katamaran, der für die Bootscrews Pizza backt, da gibt es ein Boot mit kalten Getränken, mit Eis und Sandwiches und sogar ein Boot, deren Eigner direkt vom Boot aus Cocktails mixt. Savoir Vivre nennt man das wohl.

Es ist Zeit, wir wollen uns das alljährliche Cannes Yachtfestival nicht entgehen lassen, bevor wir zu unserem Winterlager aufbrechen. Die Häfen von Cannes sind für das Festival gesperrt, wir legen uns daher in den nahegelegenen Hafen Port Golfe Juan und fahren mit dem Zug nach Cannes. Wieder einmal toll, dass man leicht und günstig mit Öfis ans Ziel kommt. Das Yachtfestival ist ganz der Ausstellung von Booten gewidment, zwar ist die “Boot” in Düsseldorf die weltgrösste Messe, aber eben nur auf dem trockenen. Hier in Cannes kann man die grossen, schönen, alten und neuen Motor- und Segeljachten begehen und bei genügend Kleingeld auch gleich mitnehmen. Wir laufen am Abend ganze 13km lang ab und erleben Überraschungen und Enttäuschungen.

Ja wir bleiben dabei, segeln ist einfach toll und Blümsche, obwohl sie uns so ans Herz gewachsen ist, soll nicht unser letztes Boot sein. Wir streben nach mehr und wenn es irgendwie möglich ist, soll das nächste schwimmende Zuhause ein Katamaran sein. Wir machen Termine über Termine zur Besichtigung, schauen uns Nautitech, Leopard, Bali usw an und bleiben verliebt bei der Leopard 42 hängen, made in Südafrika und einfach WOW. Wir dürfen später sogar einen Blick auf eine 93m Supersegeljacht werfen, einfach so aus Spass aber trotz allem zeigt man uns das Luxusheim unter Segel mit Marmorbad und Mahagoni interior. Schön und mit knapp €2 Mio direkt ein Schnäppchen im Vergleich zu den Booten, die wir gar nicht erst betreten dürfen.

Am Bavariastand machen wir auch einen Besuch, obwohl wir von den neuen Modellen nicht begeistert sind, da ist unser Blümsche noch solid gebaut. Als wir von Neuseeland erzählen holt man uns auch sogleich den Vertreter der dortigen Handelsvertretung und wie sich herausstellt, segeln wir gemeinsam in Westhaven, haben gemeinsame Bekannte und natürlich reden wir nicht über einen Bootskauf, hahah. Neuseeland ist eben doch ein grosses Dorf.

Ganz ohne uns die Stadt anzuschauen, wollen wir dann aber doch nicht Cannes verlassen, aber bitte nur nicht zu Fuss, die sind schon rund. Wir nehmen also die kleine Touristenbimmelbahn, die es fast in jeder Stadt entlang der Riviera gibt und lassen uns von der Mikrofonstimme einlullen, Cannes und die berühmte Treppe mit dem roten Teppich anlässlich der Cannes Filmfestspiele, die Croisette mit den gängigen Namen der Nobeldesigner, die Altstadt und den Aussichtspunkt auf den vollgestopften Hafen. Ein grandioser Tag mit vielen Eindrücken.

Am nächsten Tag treten wir die Rückreise an und die soll uns nochmal so richtig Nerven kosten. Wir haben nur knapp 120nm vor uns, aber die Tagesetappen von jeweils ca. 30nm bescheren uns heftige Gegenwinde und eine Schlechtwetterfront, der wir dieses Mal nicht ausweichen können. In St Tropez erwischt uns mitten in der Nacht ein heftiger Gewittersturm, bei dem unser Anker nicht hält und uns Richtung Ufer drückt. Wir kommen nicht mehr weg und eine Steuerkette reisst. Ab 3 Uhr ist die Nacht vorbei und wir bangen in den nächsten Stunden um unser Blümsche. Zum Glück ist der Untergund nur Sand und Schlick und der Sturm von immerhin 40-50kn soll am Morgen nachlassen. Keine gute Situation, denn wir kommen mit Sicherheit ohne Hilfe hier nicht weg, zudem sind weitere Windstärken für die folgenden Tagen angesagt. Als der Morgen heranbricht versuchen wir mit allerlei völlig sinnlosen Manövern freizukommen aber ohne Erfolg. Wir sind schon mit einem Abschleppdienst in Kontakt, als uns eine nagelegene Motorjachtcrew von Russen (nehmen wir an) zu Hilfe kommt. Mit einigem Hin und Her und dank deren 900 PS Motoren ziehen sie uns endlich aus unserer misslichen Lage und das Blümsche liegt frei. Der Mannschaft der Indigo II sind wir ausserordentlich dankbar und selbst eine Entschädigung lehnen sie vehement ab, das ist doch selbstverständlich sagen sie, wow, tolle Leistung und einfach klasse. Am Nachmittag fandehier noch der Sail Grand Prix statt (Neuseeland liegt in Führung) und als wir noch ganz trottelig in die Bucht fuhren flog (ja flog) die französische Equipe auf Ihren Foil Katamaran an uns vorbei. Die haben wir noch nicht mal kommen sehen, da waren sie auch schon mit 100km/h !!! über die Bucht gesaust, zum Vergleich wir fliegen schon bei 15km/h, das ist dann auch schon Blümscherekord.

Die nächsten Tage sind dann auch kein Zuckerschlecken, Wind mit Böen von 30-40kn und Welle von 1-2m und dann auch noch von vorne nagen an Kraft und Konzentration, wir sind abends völlig platt und liegen um 9 in der Koje. Nach einem weiteren Tag haben wirs geschafft und wir liegen wieder vor Port St. Louis, unserem Winterliegeplatz. Am nächsten Tag gehts raus aus dem Wasser und wir schlafen wieder auf festem Boden. Die Reste werden aufgebraucht, die Segel eingerollt, die Mechanik winterfest gemacht und am Freitag gehts per Zug wieder nach Deutschland und schlussendlich nach Hause.

Es war einen tolle Zeit voller emotionaler Höhen und Tiefen, schönen Eindrücken, stürmischen und stillen Tagen, Segeln, Segeln und nochmal Segeln.

Die schönste Zeit im Leben sind die kleinen Momente, in denen du spürst, du bist zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.

Adieu, bis bald, auf Wiedersehn.

Über den Dächern von Nizza

… der Titel war einfach so passend, obwohl wir mal abgesehen von Nizza in der letzten Zeit nicht sehr aktiv waren. Tatsächlich waren wir ganze vier Tage in Villefranche-sur-mer, mal auf der einen Seite des Cap D’Antibes, mal auf der anderen. Es war heiss und wenig Wind und wir wollen noch etwas Zeit schinden um in Cannes die Bootsshow zu besuchen und danach weiter zum Winterlager Port St Louis.

In Nizza wars ja einfach schön, sie hatten keinen Platz für uns in der Marina, aber dank öffentlicher Verkehrsmittel ist es einfach zu reisen und günstig noch dazu. Ein grosser Vorteil von Europa im Gegensatz zu Neuseeland, wo man gerne hätte, aber nicht weiss wie. Und das schon seit gut 100 Jahren. Wir fahren also mit dem Bus von Villefranche und erlaufen die Stadt. Hier hat man investiert in einen modernen Yachthafen für die üblichen überdimensionierten Millionärsjachten, aber auch für sturmhohe Kaimauern und eine moderne Fussgängerumgehung mit passendem Kriegsdenkmal direkt mit Blick aufs Wasser.

Vielleicht eine gelungene Symbiose des neuen, grossen, sterilen zum alten, verwinkelten und lebendigen Hafen Nizzas. Tatsächlich ist es fast gelungen, ausser dass das alte Nizza jetzt nicht mehr direkt am Wasser liegt, der moderne Ausbau liegt wie ein Ring um die Altstadt. Irgendwie wie Wellington, Kaikoura und Napier, nur war da der Grund ein Erdbeben, Ausbau eben leicht gemacht 🙂 Naja.

Die “vielle ville” hat was buntes, chaotisches, rustikales und schickes und alles auf engstem Raum. Der Blumenmarkt hat mich enttäuscht, vielleicht lebe ich ja doch zu sehr im Film, also “Über den Dächern von Nizza” wo Gary Grant mittem im Meer von Nelken landet eben auf besagtem Blumenmarkt. Wir schauen uns die verwinkelten Strassen an, die Geschäfte, Stände und Auslagen, die leider verschlossenen Kirchen und die voll gestopften Plätze. Wir trinken ein Glas unseres favorisierten Hitzegesöffs Aperol Spritz und lassen den Tag vorbeiziehen. Schön isses und unsere 10.000 Schritte haben wir auch geschafft.

Insgesamt liegen wir nicht schlecht vor der kleinen Stadt Villefranche wären da nicht am nächsten Tag gleich zwei Kreuzfahrtschiffen und ein Versorgungsschiff vor Anker.

Nun da hab ich ja beste Erfahrungen aus erster Hand wie sich das so anfühlt, aber jetzt nervts gewaltig. In einer Tour kommen jetzt die Tenderboote rein und werfen die Tagestouristen aus. Och nö, wir weichen.

Wir haben sowieso einen Hafenplatz in Port Vauban reserviert, direkt in Antibes, denn das schauen wir uns als nächstes an. Es lohnt sich nicht, viel vom Weg dahin zu schreiben, denn wir lassen auf den paar Meilen nicht mal die Segel raus, wie gesagt, wir machen derzeit keine grossen Sprünge. Port Vauban ist mit €55 für unser Blümsche im Rahmen des uns möglichen und wir bleiben zwei Nächte.

Der Hafen ist tatsächlich von der noblen Sorte. Es gibt schriftliche Anweisungen wie wo wann man bitte die Marinaeinfahrt bewältigen soll, da kommt dann auch gleich ein wendiger Zodiac mit Anweisungen ihm zu folgen um dann am passenden Pier (für Kleinschiffe :)) festzumachen. Nobel, nobel haben dies hier, am nächsten Tag kommt sogar ein freundliches Marina mädel mit Geschenken, echt jetzt. Es gibt eine Stofftasche, Seife, Müllbeutel und Zahnpastapillen, alles umweltfreundlich und nachhaltig. Wir sind beeindruckt, die Marina bietet kostenlos E-Bikes an, Korrespondenz per Email, da fehlt nur, dass die Zodiacs mit den Marinahelferlein in Zukunft elektrisch fahren. Die Zeichen dafür stehen gut, hat die Bootsbauindustrie doch seit Jahrzehnten die Entwicklung zur Nachhaltigkeit verpennt. Naja, eigentlich leben wir an Bord ja ziemlich nachhaltig, wenig Verschwendung von Resourcen, keine oder wenig Verschmutzung und sehr umweltfreundlicher Antrieb (zumindest solange wir Wind zum segeln haben :-). Aber was den Bau der Schiffe angeht, ists vorbei, GFK, Plastik und Teak und wie ich irgendwo gelesen habe völlig irre Innenausbauten von Superjachten wie “mit Walhaut bezogene Barhocker, etc”. Es gibt genügend Alternativen, die jedoch weitestgehend in den unbezahlbaren Kinderschuhen stecken. Den Anfang macht vielleicht der E-Aussenbordmotor, den wir jetzt des öfteren sehen, aber egal wie wieviel sich die Klein- und Mittelgrossschiffahrt anstrengt, die Grossschiffahrt ist nicht minder gefragt und wenn man sich anschaut, welche Schwerölrauchwolke das jüngst gebaute Kreuzfahrtschiff Celebrity Beyond hinter sich herzieht, ist es klar, wie schwer sich die Industrie mit Nachhaltigkeit tut.

Antibes ist toll, genauso quirlig wie eben fast alle Städte der franz. Riviera und auch mindestens genauso vollgestopft mit Reichtum, zu Wasser und zu Land (man beachte die goldbestickten Fender Überzüge).

Nach den quirligen Tagen gehts jetzt wieder vor Anker in Richtung Cannes, wo wir zwischen den Inseln des Lerins einen sicheren und schönen Liegeplatz ergattern.

Hier schauen wir uns das Ecomuseum unter Wasser an, da hat doch tatsächlich ein Künstler riesige Steinskulpturen unter Wasser errichtet, ein schöner Gedanke und inspiriert es doch die Menschen, Ihren Blick nach unten zu richten anstatt nur darüber.

Auf der Insel Sainte-Marguerite gibt es die königliche Festung mit Museum zu sehen, denn wie alles gibts hier Geschichte satt und das schon seit dem Jahre 732. Von St. Patrick (ja dem irischen) bis zu spanischen Piraten und englischen Kapitänen bis zu schlussendlich französischen Eroberern war schon alles da.

In der Festung gibt es eine Zelle, die die Geschichte über den “Mann mit der eisernen Maske” erzählt, vielleicht nur eine Geschichte von Dumas, aber eine spannende.

Das Museum ist sehenswert und tatsächlich steht in einer Ecke doch eine Vitrine mit etwas sehr bekanntem. Das müssen ja früher echte Fanartikel gewesen sein, wirklich schade, hätte man doch jetzt gerne mehr lebende Exemplare als ausgestopfte.

Wir bleiben hier noch ein paar Tage und schauen mal wies weitergeht. Gruezi wau.

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