Unser letzter Eintrag für unsere diesjährige Segelzeit. Alles hat einmal ein Ende. Wir liegen immer noch zwischen den beiden Insel des Lerins und haben die emsige An- und Abreise der täglichen Bootarmada beobachtet. Nachdem wir uns die Beine auf Saint Marguerite vertreten machten wir die Tage noch einen Abstecher auf die geistlich orientierte Insel Saint Honorat. Hier leben schon seit dem Jahr 400 Mönche im seinerzeit zweiten Kloster Frankreichs. Ein Leben in Isolation (damals), deren Brüder seit jeher von karger Landwirtschaft und dem Glauben lebten. Immerhin haben Sie Wein angebaut, dann war die Isolation vielleicht sogar erträglich. Zwischendrin im Eremitendasein kamen immer mal ein paar Piraten und Sarazenen vorbei und sorgten für ungebetenen Wirbel, daher wurde dann auch 1073 ein Festungsturm um das Kloster erbaut, der jetzt gerade eine Renovierung erhält. Anschliessend gab es noch ein paar spanische und genuesische Angriffe bevor die Mönche schliesslich unter Französischer Herrschaft zur Ruhe kamen. Die Mönche zogen mehrmals aus und wieder ein bis schliesslich heutzutage etwas 30 Mönche aus Spanien, Italien, Frankreich und Kamerun Ihren Alltag auf der Insel bestreiten. Der Tag beginnt für die Mönche um 4.30h und endet um 20.30h und beeinhaltet Beten, Landwirtschaft, Beten, Touristen, Beten, Essen, Beten, Arbeiten, Beten, Schlafen. Ich schätze wir haben den leichteren Lebensstil gewählt, auch wenn bei uns der Geist umtriebiger ist und das Leben teurer.
Wir beobachten unser Blümsche in der Bucht, das da so leicht in den Wellen schaukelt und schauen uns die kommerzielle Welt direkt vor dem geistlichen (äh geistigen) Auge an. Da gibt es einen Katamaran, der für die Bootscrews Pizza backt, da gibt es ein Boot mit kalten Getränken, mit Eis und Sandwiches und sogar ein Boot, deren Eigner direkt vom Boot aus Cocktails mixt. Savoir Vivre nennt man das wohl.
Es ist Zeit, wir wollen uns das alljährliche Cannes Yachtfestival nicht entgehen lassen, bevor wir zu unserem Winterlager aufbrechen. Die Häfen von Cannes sind für das Festival gesperrt, wir legen uns daher in den nahegelegenen Hafen Port Golfe Juan und fahren mit dem Zug nach Cannes. Wieder einmal toll, dass man leicht und günstig mit Öfis ans Ziel kommt. Das Yachtfestival ist ganz der Ausstellung von Booten gewidment, zwar ist die “Boot” in Düsseldorf die weltgrösste Messe, aber eben nur auf dem trockenen. Hier in Cannes kann man die grossen, schönen, alten und neuen Motor- und Segeljachten begehen und bei genügend Kleingeld auch gleich mitnehmen. Wir laufen am Abend ganze 13km lang ab und erleben Überraschungen und Enttäuschungen.
Ja wir bleiben dabei, segeln ist einfach toll und Blümsche, obwohl sie uns so ans Herz gewachsen ist, soll nicht unser letztes Boot sein. Wir streben nach mehr und wenn es irgendwie möglich ist, soll das nächste schwimmende Zuhause ein Katamaran sein. Wir machen Termine über Termine zur Besichtigung, schauen uns Nautitech, Leopard, Bali usw an und bleiben verliebt bei der Leopard 42 hängen, made in Südafrika und einfach WOW. Wir dürfen später sogar einen Blick auf eine 93m Supersegeljacht werfen, einfach so aus Spass aber trotz allem zeigt man uns das Luxusheim unter Segel mit Marmorbad und Mahagoni interior. Schön und mit knapp €2 Mio direkt ein Schnäppchen im Vergleich zu den Booten, die wir gar nicht erst betreten dürfen.
Am Bavariastand machen wir auch einen Besuch, obwohl wir von den neuen Modellen nicht begeistert sind, da ist unser Blümsche noch solid gebaut. Als wir von Neuseeland erzählen holt man uns auch sogleich den Vertreter der dortigen Handelsvertretung und wie sich herausstellt, segeln wir gemeinsam in Westhaven, haben gemeinsame Bekannte und natürlich reden wir nicht über einen Bootskauf, hahah. Neuseeland ist eben doch ein grosses Dorf.
Ganz ohne uns die Stadt anzuschauen, wollen wir dann aber doch nicht Cannes verlassen, aber bitte nur nicht zu Fuss, die sind schon rund. Wir nehmen also die kleine Touristenbimmelbahn, die es fast in jeder Stadt entlang der Riviera gibt und lassen uns von der Mikrofonstimme einlullen, Cannes und die berühmte Treppe mit dem roten Teppich anlässlich der Cannes Filmfestspiele, die Croisette mit den gängigen Namen der Nobeldesigner, die Altstadt und den Aussichtspunkt auf den vollgestopften Hafen. Ein grandioser Tag mit vielen Eindrücken.
Am nächsten Tag treten wir die Rückreise an und die soll uns nochmal so richtig Nerven kosten. Wir haben nur knapp 120nm vor uns, aber die Tagesetappen von jeweils ca. 30nm bescheren uns heftige Gegenwinde und eine Schlechtwetterfront, der wir dieses Mal nicht ausweichen können. In St Tropez erwischt uns mitten in der Nacht ein heftiger Gewittersturm, bei dem unser Anker nicht hält und uns Richtung Ufer drückt. Wir kommen nicht mehr weg und eine Steuerkette reisst. Ab 3 Uhr ist die Nacht vorbei und wir bangen in den nächsten Stunden um unser Blümsche. Zum Glück ist der Untergund nur Sand und Schlick und der Sturm von immerhin 40-50kn soll am Morgen nachlassen. Keine gute Situation, denn wir kommen mit Sicherheit ohne Hilfe hier nicht weg, zudem sind weitere Windstärken für die folgenden Tagen angesagt. Als der Morgen heranbricht versuchen wir mit allerlei völlig sinnlosen Manövern freizukommen aber ohne Erfolg. Wir sind schon mit einem Abschleppdienst in Kontakt, als uns eine nagelegene Motorjachtcrew von Russen (nehmen wir an) zu Hilfe kommt. Mit einigem Hin und Her und dank deren 900 PS Motoren ziehen sie uns endlich aus unserer misslichen Lage und das Blümsche liegt frei. Der Mannschaft der Indigo II sind wir ausserordentlich dankbar und selbst eine Entschädigung lehnen sie vehement ab, das ist doch selbstverständlich sagen sie, wow, tolle Leistung und einfach klasse. Am Nachmittag fandehier noch der Sail Grand Prix statt (Neuseeland liegt in Führung) und als wir noch ganz trottelig in die Bucht fuhren flog (ja flog) die französische Equipe auf Ihren Foil Katamaran an uns vorbei. Die haben wir noch nicht mal kommen sehen, da waren sie auch schon mit 100km/h !!! über die Bucht gesaust, zum Vergleich wir fliegen schon bei 15km/h, das ist dann auch schon Blümscherekord.
Die nächsten Tage sind dann auch kein Zuckerschlecken, Wind mit Böen von 30-40kn und Welle von 1-2m und dann auch noch von vorne nagen an Kraft und Konzentration, wir sind abends völlig platt und liegen um 9 in der Koje. Nach einem weiteren Tag haben wirs geschafft und wir liegen wieder vor Port St. Louis, unserem Winterliegeplatz. Am nächsten Tag gehts raus aus dem Wasser und wir schlafen wieder auf festem Boden. Die Reste werden aufgebraucht, die Segel eingerollt, die Mechanik winterfest gemacht und am Freitag gehts per Zug wieder nach Deutschland und schlussendlich nach Hause.
Es war einen tolle Zeit voller emotionaler Höhen und Tiefen, schönen Eindrücken, stürmischen und stillen Tagen, Segeln, Segeln und nochmal Segeln.
Die schönste Zeit im Leben sind die kleinen Momente, in denen du spürst, du bist zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.
Adieu, bis bald, auf Wiedersehn.
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