Nach unserem Aufenthalt in der Nähe Barcelonas gings nun erstmal noch ein Schlag Richtung Süden um Wind und Wetter für das Übersetzen nach Malle abzuwarten. In Porto Roda de Bara machen wir noch einen Marinastop und werden freundlich aufgenommen zu akzeptablen Preisen in diesen Gefilden. Ja persönlich muss ich sagen, dass der Empfang nicht nur freundlich war, ein Marinero war schon gleich mit Leinen zur Stelle, als wir uns ankündigten, sondern dass besagter Marinero auch noch ein Bild von einem Mann war. Herrje, das musste mal gesagt werden.

Der Plan ist morgen überzusetzen nach Mallorca, also nochmal die Waschmaschine an Bord laufen lassen (ein echter Luxus, der und schon viel Zeit, Geld und Nerven erspart hat), ein paar Ausbesserungsarbeiten und dann den Abend ausklingen lassen. Man merkt doch stark, wie sehr sich der Boots turismus hier nach den Attraktionen der jeweiligen Örtlichkeit richten. Der Ort hier Roda de Bara ist wohl kein Juwel in Spanien, auch der Strand ist eben nur das, der Ort lebt sicher nicht von seinem maritimen Glanz, dennoch stimmt die Infrastruktur auch ohne jeglichen Charme, den wir schon so oft an anderer Stelle bewundern konnten. Aber dafür kostet die Marina eben auch nur €34 pro Nacht, da macht es auch nichts, dass wir am Ende noch drei zusätzliche Tage bleiben (mussten), denn unsere angenomme Überfahrt nahm ein jähes Ende.
Los gings nachmittags bei 20kn, die schnell auf 25-30kn anschwollen, allerdings bei 2m Wellenhöhe eine echte Fahrt mit mieser Magenstimmung wurde (Zuhause erzähle ich meinen Gästen oft, dass die Fähre von Nord nach Südinsel dann auch oftmals als “Vomet Comet” bezeichnet wird – der Kotzkomet). Da wir bei angenommenen 20 Stunden Überfahrt eine Wetterbesserung in der Nacht erwarten, nehmen wir zunächst die wilde Fahrt in Kauf bis ritschratsch das Hauptsegel an einer Stelle reisst. Nun nicht ganz unerwartet, denn wir segeln immer noch mit Originaltuch, das ist zwar von Elkström von guter Qualität, aber hält eben auch nicht ewig. So war kein sicheres Weiterfahren gewährleistet. Nach gut 8nm also Umkehr und wieder rein nach Porto de Bara (diesmal ohne sexy Marinero, der war schon heim gegangen) und wir erleben in den folgenden Stunden noch weit über 35kn Windböen und dass im Hafen. Insgeheim bin ich recht froh, dass wir die Überfahrt bei den schlechten Bedingungen nicht fortgesetzt haben. Überhaupt wundere ich mich eins wies andere Mal wie unzuverlässig die Wetterprognosen im Mittelmeer sind. Wir nutzen die gängigen Applikationen, die in der Sportseglerwelt so angesagt sind und vergleichen verschiedene Wettermodelle miteinander bevor wir Entscheidungen treffen, aber das heisst noch lange nicht, dass man sie auch wirklich so erleben darf. Die örtlichen meteorologischen Institute sind auch nicht gerade vielversprechend, dabei erinnere ich mich gerne an die Informationsfahrten zur Weiterbildung der neuseeländischen Küstenwache in Aucklands Hauraki Golf, die nicht nur ein BBQ an Bord zu Spendenzwecken boten, sondern auch den hiesigen graubärtigen Meteorologen von Metservice, der uns zu jeder Bucht, die wir uns anschauten ein passendes meteorologisches Szenario erklärte. Eine tolle Sache und unheimlich hilfreich nur leider nicht im Mittelmeer.

Zurück zu unserem eigentlichen Zwangsaufenthalt, gerissenes Segel. Uns gegenüber liegt eine Jacht mit belgischer Besatzung, die uns mit dem Kontakt eines lokalen Segelmachers versorgt. Schnell ist ein Termin vereinbart und Roberto nimmt sich der Sache noch am selben Tag an. Ein Glücksfall in dem eigentlich vermeidbaren Umstand, denn ein neues Segel ist einfach überfällig. Eine Ausgabe von immerhin ca. €4000 für 43 sqm Segeltuch. Im Regattasegeln eine Ausgabe, die neben des ebenso teuren Vorsegels (und bitte schon das nur nur aus einfachem Dakron, nicht Keflar oder sowas ausgefallenem) eine Ausgabe, die neben zahlreichen anderen Segeln, wie Spinnaker, Gennaker etc. die Kasse schon vorm Segeln sprengt. Aber wir sind nur amateurhafte Freizeitkapitäne, da dürfen wir auch mit Flicken leben und segeln. Mit unserem Blümsche, das mit 11 Tonnen wie ein englisches Ledersofa durchs Wasser stampft brauchen wir sowieso mindestens 10kn um dann mal in Fahrt zu kommen.

Unsere schlussendliche Überfahrt nach Malle am nächsten Tag kann man dann mit segeln im Idealfall beschreiben. Die schönste Segelstellung, welches unser Boot einfach liebt ist Segel mit Wind aus 90Grad mit 15kn, dann pflügt sie durch die Wellen mit 6-8kn Fahrt und der Wind bläht die Segel in ästhetischer Haltung und bezaubernder Grazie auf. Als Höhepunkt kommen dann auch ein paar gemeine Delfine zum Spass und reiten auf unserer Bugwelle. Ja wir kommen für ca. 10 Stunden so gut voran, dass aus den anfänglichen 20 Stunden mit Ankunft irgendwann früh morgens Mallorca mit seinem Hafen Porto Soller schon um 2 Uhr morgens in Sicht ist. In der vollen Bucht finden wir trotz Dunkelheit einen angemessenen Platz zum ankern im Sand, denn oh mei, im Posidonia Seegras zu ankern kann hier teuer werden. Ich frage mich, was die mit den vielen Seglern machen, wenn sich das Posidonia mal soweit ausbreitet, dass es einem Taucher bedarf um den Anker im einzig möglichen Sandplacken zu platzieren. Es gibt hier sogar eine lokale Applikation, die die Posidoniafelder anzeigen und eine Posidoniapolizei ! die dann bei Bedarf Bussgeldbescheide mit heftigen Geldstrafen verteilt. Welch ein Unterschied zu unseren bisherigen Segelgründen, in Griechenland wurde Posidonia nicht erwähnt, in Frankreich nur an einigen wenigen Stellen und hier überall.

Ausgeschlafen am nächsten Tag verlassen wir Porto Soller um weiter Richtung Süden nach Sant Elm zu segeln, eine kleine, volle Bucht mit glasklarem Wasser und der allgegenwärtigen Ankerpolizei. Schön, aber nicht spektakulär ist es, auch die Badetemperatur hat sich erhöht und wir schwitzen nicht mehr bei 28 Grad, sondern erst ab 30, lol.
Nach Sant Elm wollen wir uns nahe Palma positionieren, auch um Bekannte aus der Heimat zu treffen. Andrea, Mark und Sohn Charlie sind auf Europareise und da wir sie schon in Barcelona verpasst haben, wollen wir jetzt unbedingt ein Treffen ermöglichen. Weiter als in eine Bucht etwa eine Stunde Autofahrt entfernt von Palma gehts nicht unter €150, also stationieren wir uns in einer “kostenlosen” Bucht vor dem touristischen Ort Santa Ponca. Irgendwie treffen sich hier alle Klischees, die auf Malle passen. Testosteron geladene Teenager mit Goldkettchen und Bierdose, die rotverbrannten knapp betuchten Mädels hinterhergaffen. Nur die Sprache ist hie und da verschieden, mal Deutsch, mal English, herrje, die Zukunft sieht man doch auch. Die bierbauchigen Sandalenträger mit derselbigen Goldkette, die mit Ihren faltengeschwängerten verschwitzten Frauen durch die Strassen wandern und im “Cafe Mozart” das Wiener Schnitzel mit reichlich Cerveza runterspülen und deren Kinder schon auf die geliebten Ferien im Teenagealter einspielen. Schöne heile Welt, der ich wenig abgewinnen kann. Die Städte hier gleichen Betonwüsten ohne Charme, der Ort ist touristisch fast schon verschrien nach diversen Beurteilungen, aber für uns ist er einfach die beste Möglichkeit nach Palma zu kommen und hoffentlich relativ sicher unser Dinghy im Hafen zu parken. Dank Öfis kommen wir dann auch problemlos nach Palma und verabreden uns mit unseren Kiwis in der Kathedrale zur gemeinsamen Andacht, lol. Ein schönes Wiedersehen, das letzte Mal in Nelson, auf einer meiner Reisejobs, wo mir AJ von Ihrem Vorhaben Europa zu bereisen berichtete. Nun wollen wir sehen, dass wir einige Tage zusammen segeln können, denn daher kennen wir uns und dafür steht uns Zeit in Palma sowie auch noch auf Ibiza zur Verfügung. Am Abend kehren wir in der Altstadt in die lokale Taverna ein und später dann gibts noch ausladende Gespräche im Apartment, das die drei hier bewohnen. Wir versprechen uns die gemeinsame Zeit zu planen, sei es auf Mallorca oder Ibiza, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon erreicht haben.

Wir haben genug von Malle und ersparen uns noch mehr unschöne Anblicke des hiesigen Frischfleischangebots auf Steroiden und legen ab mit Ziel Ibiza. Auch hier ist der Wettergott nicht auf unserer Seite und wir verbringen nach etwa 8 Stunden Überfahrt eine rollig unsanfte Nacht vor Anker und ohne Schlaf, die jede Schiffschaukel vor Neid erblassen lässt. Es gibt einfach nicht genug Marinas hier und die sind auch noch auf Wochen ausgebucht. Scheint man hat zieht hier den Ausbau des Landturismus dem Segelturismus vor, aber mal ehrlich, riesenhafte Betonklotzhotels am Strand a la Waikiki oder Surfers Paradise kann ich nichts abgewinnen. Da waren mit die kleinen aber chaotischen Fischerdörfer von Griechenland oder die völlig einsamen aber atemraubenden Buchten vor Tonga doch lieber.

Der Wind hält uns derzeit auf Formentera fest und wir beschliessen, bis uns das Frischwasser bzw der Rotwein ausgeht, einfach Dinghyausflüge zu machen und hoffentlich bald wieder auf Ibiza mit den Kiwis ein paar Runden zu drehen. Schade, denn heute wäre ich echt gerne auf den Dalias Flohmarkt gegangen, statt dessen werden wir jetzt mal die Stadt erkunden.

Eins ist schon von unserm Boot aus zu erkennen, die hiesige Jugend vergnügt sich ebenso wie in Malle, also mit Goldkettchen und G-String (wer das nicht kennt bitte nachschlagen) auf noblen Motorbooten und am Strand mit Musik der 80iger bis Pop und Techno. Zum Glück nur bis Mitternacht. Gute Nacht oder Buenas Noches.