Nach einer Dosis Formentera, wo wir uns Dank des ungünstigen Ostwindes und schwells von Ibiza kommend versteckt hatten kam es dann endlich zum Gäste beherbergen. AJ (Andrea), Mark und Sohn Charlie nehmen wir in Ibiza’s Es Canar an Bord. AJ und ich haben uns beim segeln kennengelernt, daher hatten wir keine Bedenken, dass es Fälle von Seekrankheit oder ähnliches gibt. Das Leben an Bord ist ja doch schliesslich ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Da ist die goldene Regel “nichts ausser dem was aus dem Körper kommt” in die Toilette, der Rest geht bei uns in die Duftmülltüte! (bitte nicht die Mär vom sich zersetzenden Klopapier glauben, wenigstens nicht wenn man sein Wissen ausserhalb der BILD bezieht). Mülltrennung gab’s bis jetzt überall und organisches, obwohl nicht hundertprozentig astrein geht weiter draussen über Bord.
Des weiteren muss man mit dem begrenzten Platzangebot auskommen, aber da gibt es mit einer wirklich freien unbenutzten Gästekabine bei uns keine Probleme. Die zweite Gästekabine zu belegen wäre allerdings mehr als sportlich, die ist eher unsere Rumpelkammer, Waschmaschine und Fahrradkeller. Unsere ANTHOS ist für 10 Personen ausgelegt, dass können dann höchstens Flüchtlinge auf geklauten Booten sein, so eng müssten die zusammensitzen.
Wie auch immer wir kommen gut klar, gehen baden, quatschen, trinken und sind alle der Ansicht, dass das balearische Ambiente masslos teuer und überbewertet wird. AJ und Mark sind dann schon mal in der “Szene” unterwegs, d.h. zum DJ sowieso (ich kenn mich da nicht aus) in den Nightclub, Karten vorbestellen und gegen 3 Uhr morgens auf Trance und oder anderen mir unerklärlichen Musikrichtungen abzutanzen. Ne, also das war mal und ich kann mich noch gut an Zeiten in Diskos erinnern, wo wir (weisst Du noch Kusine !) regelmässig um 6 Uhr totgetanzt rausgefallen sind und noch schnell an der Tanke was zum essen holten um dann den nächsten Tag zu verschlafen. Tolle Zeiten, die ich nicht missen möchte, aber jetzt lieber aus der Ferne zuschaue.
Zum seglerischen Leben an Bord ist AJ genauso wie wir ziemlich erschüttert über die eher ungastliche Haltung zum Kleinsegler im Vergleich zu unseren heimatlichen Gefilden. Im Hafen von Formentera darf man tatsächlich nirgends mit dem Dinghy anlegen! Weil ich das auf einem geplanten Supermarktgang einfach nicht glauben kann, geh ich ins Port Office, wo man mir sagt, die Erlaubnis ein Dinghy im Hafen anzulegen kostet €10 PRO STUNDE !! Gut jetzt haben wir eine Erklärung für die vielen RIB (Schnellboote), die ständig in der Bucht zwischen den Booten rumsausen und Leute in den Hafen oder an die Strandbars bringen. Nur die dürfen das !! Fazit: An einem Punkt in der Vergangenheit, wo wir noch nicht ans Segeln dachten, wurden die Balearen schon von diversen Bootsbesitzern überrannt und da man allenthalben immer gerne die Superjachten anlockt und auch allgemein die Touris fleissig kommen, verlässt man sich eben drauf, dass die jeden Preis bezahlen, der kleine Segler bleibt da zurück oder muss eben damit leben. Nun ja, wir motoren dann eben zu zweit zum einkaufen, halten mit dem Dinghy direkt vor dem Schild “No dinghies” und einer bleibt im Boot mit einer fertigen Ausrede. Auf so einen Nepp kann ich verzichten.
Dabei könnte das Örtchen doch davon profitieren, kämen die ganzen Segler, die vor der Küste ankern per Dinghy an Land. Naja, ähnliches haben wir ja schon auf Palma festgestellt. Zum Glück ist der Ort Savina überschaubar, wir bekommen alles für die nächsten autarken Tage an Bord. Die verlorene Hippiegemeinde der Siebziger, die jetzt in Designerbadesachen Selfies für Ihre Instagramm channels machen und in Strandbars überteuerte Cocktails schlürfen, kriegen wir nur beiläufig mit. Den Reviews diverser Mitsegler entnehme ich, dass wir da nichts verpasst haben.
Formentera ade segeln wir wieder nach Ibiza und in Richtung Süden nach Cala D’Hort und Cala Tarida, wo wir gemäss dem Vortag essen, baden, quatschen, trinken, schlafen. Natürlich ist auch der schönste Besuch irgendwann überfällig und so entlassen wir die Drei bei einem Boxenstop im Hafen von San Antoni de Portmoney, wo wir für sogar erschwingliche €11 Wasser tanken. Die Insel ist ja nicht übermässig gross, so dass wir schnell ein weiteres Treffen am nächsten Tag ausmachen, diesmal kommen die drei und holen uns mit Ihrem Mietwagen in der Nähe der Bucht, in der wir ankern für einen Landausflug ab. Es geht zum Hippiemarkt von San Jordi im Norden, der, wie sich herausstellt sogar noch den Inselflair der 70iger widerspiegelt, Gott sei Dank, nach der Schlappe auf Formentera hatte ich schon nicht mehr daran geglaubt.
Hier sind sie noch in moosgrünen Schrottmobilen mit Blümchenmuster und “Peace”zeichen, das Stirnband über der wilden Mähne und die rosa Herzchenbrille auf. In allen Altersgruppen vertreten verscherbeln sie hier allerlei, vom selbst geflochtenen Korb bis zur Kannabispfeife, vom Batiktuch bis zur Plattensammlung. Die Vibes hier sind original, die Stimmung gut und klar wir Frauen sind mit Freude dabei, die Männer schwitzen entnervt im Schatten vor sich hin. Ein Deja vu packt mich bei den Verkaufsständen der Schwarzen (oder wir auch immer diese Menschheitsfamilie jetzt korrekterweise beschrieben wird), die ich aus den Familienurlauben aus Kindertagen noch kenne.
Am französischen Strand sind die Jungs mit Bauchladen und/oder tragbaren Tiefkühltruhe auf und ab getigert um den verschwitzten Strandtouristen Eis und anderes zu vertickern, ein willkommener Service, den wir auch im letzten Segeljahr vor Frankreichs Inseln Les Larins erleben durften, wo es nicht nur ein Boot mit Eisverkauf sondern auch den berühmten Pizza katamaran und sogar das Cocktail- und Brotboot gab (siehe Blogpost). So was sollte sich Formentera auch zu eigen machen, die Bootskundschaft in den Buchten würde es bestimmt zu schätzen wissen, wenn man schon nicht an Land kommt.
Diese dunkle Haut hat in der Hitze eindeutig einen Vorteil, der Schwarze, ich schätze aus Senegal oder Kamerun o.ä. scheint trotz viel zu viel Kleidung kein bisschen zu schwitzen, während mein Körper eindeutig zur Badewanne mutiert. Ich kauf mir ne Basttasche und nen Basthut, AJ Kleidung für kleines Geld und damit war der halbe Tag schon perfekt. Die andere Hälfte verbringen wir dann bei Tapas und Sangria Cava (ist wie die bekannte Sangria nur mit Sekt anstatt mit Rotwein) in einem super Lokal, welches für Ibiza erstaunlich authentisch und bezahlbar ist. Ebenfalls ein Tip meiner liebe Schweizer Käsetante, die Ibiza bestimmt auswendig kennt.
Nach einem wieder mal heissen Tag stürzen wir uns noch in die abendlichen Fluten, nicht ohne festzustellen, dass wir ein Bettlaken dem Meeresgott Neptun opfern mussten, Mist, einfach weggeflogen und abgesoffen, dass Miststück.
Jetzt haben wir genug vom abendlichen Treiben an Land und wenig erbaulichen Landschaft und legen ab mit Ziel Menorca, das ist ganz oben im Norden will heissen, erst mal um Ibiza rum, an der Westküste Mallorcas nach Norden und dann übersetzen. Es heisst Menorca sei viel natürlicher, entspannter und mit vielen schönen Buchten gesegnet die die Segler lieben, na denn, wir halten Euch auf dem laufenden. P.S. Schöne Sonnenuntergänge gibts hier auch.
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